Eine zentrale Rolle spielt dabei auch die Chargennummer: Die Charge kennzeichnet eine Produktgruppe, die unter gleichen Bedingungen hergestellt wurde. Die Chargennummer ermöglicht Rückverfolgbarkeit, unterstützt Qualitätssicherung, erleichtert Lagerverwaltung und das Erfassen von Nebenwirkungen.
Wie entsteht ein Chargenmissbrauch?
Der Missbrauch von Chargennummern gefährdet Patientensicherheit und Lieferkette. In den GS1 Healthcare GTIN Allocation Rules heißt es ausdrücklich: „Eine neue GTIN (Global Trade Item Number) ist erforderlich, wenn eine Änderung vorgenommen wird, die zur Verwechslung mit einem anderen Produkt führen könnte oder sich auf die Rückverfolgbarkeit auswirkt.“
Der Missbrauch von Chargennummern auf Arzneimitteln passiert beispielsweise durch
- die Verschleierung von Produktvarianten
- bewusste Wiederverwendung von Chargennummern
- unzureichende Anpassung der Nummern bei Prozessänderungen
Wichtig
Die korrekte Nutzung von GTIN und Chargennummer ist keine Formalität, sondern eine Grundvoraussetzung für Patientensicherheit und regulatorische Compliance.
Der Missbrauch der Charge zur Unterscheidung von Produktvarianten gefährdet die Integrität der Lieferkette maßgeblich.
Verschleierung von Produktvarianten
Ein Beispiel für missbräuchliche Nutzung ist die Verschleierung von Produktvarianten pharmazeutischer Produkte. Hierbei werden geringfügig unterschiedliche Produkte – etwa mit variierter Wirkstoffkonzentration, geändertem Verfallsdatum oder abweichender Sekundärverpackung – unter derselben GTIN in Verkehr gebracht.
Falsche Vergabe und schwierige Rückrufe
Man versucht, diese Unterschiede über die Chargennummer abzubilden, obwohl eine neue GTIN erforderlich wäre. Eine klare Differenzierung im Markt, wie bei automatisierten Systemen in Krankenhäusern oder Apotheken, wird dadurch erschwert. Es kann etwa zu falschen Arzneimittelausgaben kommen, wenn zwei nicht-identische Produkte als identisch erkannt werden.
Bei Rückrufaktionen zeigt sich das Risiko deutlich. Wenn eine fehlerhafte Produktionscharge nicht eindeutig identifiziert wird, kann ein Rückruf verzögert oder lückenhaft verlaufen. Deshalb ist die klare Unterscheidung einzelner Produktionsläufe nicht nur eine Frage der Effizienz, sondern essenziell für einen wirksamen und nachvollziehbaren Rückrufprozess.

Eine klare Unterscheidung einzelner Produktionsläufe ist essenziell für einen wirksamen und nachvollziehbaren Rückrufprozess.
Poppy Abeto Kiesse, Business Developement Managerin Healthcare, GS1 Austria
Wiederverwendung von Chargennummern
Ein weiteres Problem ist die bewusste Wiederverwendung von Chargennummern, um Unterschiede in Produktionszeit oder -ort zu verschleiern – etwa bei Qualitätsabweichungen oder Lieferschwierigkeiten. Dies kann schwerwiegende Konsequenzen haben, wenn Produktionslinien nicht mehr dem genehmigten Standard entsprechen.
Unzureichende Anpassung der Chargennummer
Ein weiteres Risiko ist die unzureichende Anpassung der Chargennummer bei Prozessänderungen.
Wenn z. B. der Wirkstofflieferant gewechselt, der Herstellungsprozess angepasst oder das Verpackungsmaterial geändert wird, aber dieselbe GTIN verwendet wird, können Qualitätsprobleme nicht mehr nachvollzogen werden.
Hinweis
Laut GS1-Empfehlungen sowie gemäß den Anforderungen der EU-Verordnung (EU) 2016/161 zur Umsetzung der Fälschungsschutzrichtlinie (FMD) muss eine neue GTIN bzw. NTIN (National Trade Item Number) vergeben werden, wenn eine Änderung die Produktsicherheit oder Rückverfolgbarkeit beeinträchtigt.
Regelverstoß und Sicherheitsrisiko
Die missbräuchliche oder fahrlässige Nutzung von Chargennummern stellt also einen Regelverstoß dar und gefährdet aktiv die Sicherheit von Patientinnen und Patienten. Um Rückverfolgbarkeit, Transparenz und regulatorische Compliance zu gewährleisten, ist die Anwendung der GS1 Healthcare GTIN Allocation Rules unerlässlich.
Die Lösung: GTINs richtig vergeben
Die GS1 Healthcare GTIN Allocation Rules sind Empfehlungen, die festlegen, wann eine neue GTIN für ein Produkt oder eine Verpackung vergeben werden muss. Ziel ist es, die eindeutige Identifikation von Produkten sicherzustellen und die Rückverfolgbarkeit in der Lieferkette zu gewährleisten.
Folgende Empfehlungen von GS1 sind zum Thema verfügbar: