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Im Kreise der Verpackung

7. September 2020

Nachhaltigkeit und Zirkularität zu erreichen, stellt die größte Herausforderung rund um die Zukunft von Verpackungen dar. Die Lösung dafür: gemeinsame Standards.

Sieht man sich die aktuellen Zukunftstrends rund um Verpackungen genauer an, so sind es drei Punkte, die hier besonders hervorstechen: Minimalismus, Storytelling und allem voran: Nachhaltigkeit. Wo sich die ersten beiden Trends zumeist mit viel Kreativität lösen lassen, wird es bei Umweltthemen schon wesentlich schwieriger, denn da gibt es innerhalb der EU künftig immer mehr Vorgaben. So zielt das EU-Kreislaufwirtschaftspaket auf eine deutliche Disruption der Verpackungslandschaft ab. Bis 2030 sollen zum Beispiel fast drei Viertel aller Verpackungsmaterialien recycelt werden. Die Forderung nach Zirkularität und Nachhaltigkeit von Verpackungen im Allgemeinen und Kunststoffverpackungen im Speziellen stellen Handel und Industrie vor große Herausforderungen. Aus diesem Grund hat ECR Austria im vergangenen Jahr in Zusammenarbeit mit der fachlichen Expertise der FH Campus Wien die „ECR Circular Packaging Initiative“ mit insgesamt drei Arbeitsgruppen ins Leben gerufen, die sich jeweils folgenden Schwerpunkten widmen: dem Circular Packaging Design, der Nachhaltigkeitsbewertung und den Verpackungsinformationen in Stammdaten. Für ECR Co-Chairman Industrie, Alfred Schrott, ist diese Initiative „ideal aufgestellt, um sich auf gemeinsame Standards im Bereich des Circular Packaging Designs sowie der Beurteilung von nachhaltigen Verpackungen zu verständigen“.

Alle ziehen an einem Strang

Die ersten Früchte dieser ECR-Initiative wurden bereits heuer mit der im Juni präsentierten „ECR-Empfehlung Packaging Design for Recycling“ (PDF) geerntet. Unter der Leitung der FH Campus Wien wurde damit ein sehr detaillierter Leitfaden entwickelt, der auch jedem Nicht-Experten erlaubt zu verstehen, worauf man bei zukünftigen Verpackungen ganz besonders achten muss. Ein entscheidendes Erfolgskriterium bei ECR-Projekten ist immer, dass neue Empfehlungen von Handel und Industrie gleichermaßen mitgetragen werden. So weiß ECR Co-Chairman Handel, Thomas Zechner, „dass zwei Drittel der teilnehmenden Unternehmen voll und  ganz ihre Zustimmung zu dieser neuen Empfehlung geben und das verbleibende Drittel die Empfehlungen im Rahmen ihrer Möglichkeiten umsetzen wird. Hier kann man wirklich davon sprechen, dass alle an einem Strang ziehen“. Die klare und ansprechende Gestaltung nach Verpackungstypen (Flasche, Becher etc.) ist durch ein Ampelsystem leicht verständlich, ein umfangreiches Glossar hilft bei technischen Begriffen.

Standards im Kreislauf

Worüber sich alle Experten (siehe Interviews unten) einig sind, ist, dass zukunftsweisende Lösungen für einen funktionierenden Verpackungskreislauf gemeinsame Standards voraussetzen. GS1 Austria Geschäftsführer Gregor Herzog ist überzeugt, dass GS1 Standards hier „die ideale Basis bieten. Vor allem da, wo es um die Verknüpfung eines physischen Produkts mit der entsprechenden Information dazu geht“. So könnte beispielsweise ein Material anhand eines Strichcodes oder eines DataMatrix (z. B. in Form eines Wasserzeichens) einer speziellen Klassifizierung zugeordnet und so einer weitergehenden Verwertung zugeführt werden. Auch der auf GS1 Standards basierende Elektronische Datenaustausch bietet unzählige Einsatzmöglichkeiten, zum Beispiel könnte so beim Transportweg einer Verpackung der Warenstrom mittels EDI-Nachricht begleitet werden (mehr im Artikel EDM: Daten sichern den Kreislauf).

„Enormes Potenzial“ sieht GS1 Austria Projektleiter Eugen Sehorz im Recyclingbereich auch im GS1 Digital Link, der eine Brücke vom physischen Produkt in die digitale Welt bietet – und zwar unabhängig davon, welcher GS1 Datenträger verwendet wird. Und „last but not least“, wenn es um Stammdaten geht: So könnten zum Beispiel im GS1 Sync Stammdatenservice noch einige weitere Daten zu Verpackungen aufgenommen werden, was laut Ernst Krottendorfer von der FH Campus Wien „die Transparenz entlang der gesamten Supply Chain ermöglicht und damit auch eine Bewertung einer Verpackung erleichtern würde“. Auch hierfür ist es wichtig, dass wieder alle an einem Strang ziehen – von Handel und Industrie über Verpackungshersteller bis hin zu Entsorgungsunternehmen. Mit der Gründung der Arbeitsgruppe „Verpackungsinformation in Stammdaten“ hat ECR Austria bereits den ersten Schritt dafür gesetzt, auf den viele weitere gemeinsame Schritte folgen sollen.

Mehr Informationen finden Sie unter:
ecr-austria.at/arbeitsgruppen/circular-packaging

Nicht nur die Politik fordert mehr Umweltschutz, auch der Endverbraucher erwartet, dass die Produkte eine immer bessere Umweltbilanz haben.

André Schalla

Interview mit André Schalla

„Auf ein Mindestmaß einigen“

Wo liegen aus Ihrer Sicht die größten Hürden/ Schwierigkeiten auf dem Weg zu recyclingfähigen Verpackungen?

Dies muss differenziert betrachtet werden. Während es für Non-Food-Produkte relativ einfach ist, auch Monomaterialien für die Verpackung zu verwenden, gestaltet sich dies im Food-, Near-Food- und Kosmetikbereich schon schwieriger. Die Risiken für die menschliche Gesundheit dürfen nicht außer Acht gelassen werden. Durch Rezyklateinsatz in Verpackungen und daraus resultierender Kontamination des verpackten Produkts besteht eine erhöhte Gefahr der Aufnahme in den menschlichen Organismus mit bislang nicht erforschten Auswirkungen. Ebenfalls bieten Monomaterialverpackungen gegebenenfalls nicht den richtigen Produktschutz, weshalb die Lebensmittelsicherheit nicht mehr gewährleistet werden kann. Hier liegt es noch an der Forschung und Entwicklung, weitere Erkenntnisse und Verpackungsinnovationen vorzustellen.

Welche Maßnahmen setzt die Handelsmarken GmbH/ MARKANT bei ihren Eigenmarken rund um Rezyklierbarkeit?

Bei der MARKANT wird stetig evaluiert, wie die Artikel der Eigenmarken nachhaltiger gestaltet werden können. Insbesondere im WPR-Bereich wurden diesbezüglich viele Verpackungen auf Monomaterial umgestellt. Ebenso wurde im Kosmetikbereich geschaut, dass nicht unnötig viel Kunststoff verwendet wird und wo möglich auch auf Papier umgestellt wurde, welches eine bessere Rezyklierbarkeit aufweist.

Glauben Sie, dass einheitliche und branchenübergreifende Lösungen in diesem Bereich wichtig sind? Wenn ja, warum?

Eine strikte Vorgabe wäre sicherlich nicht wettbewerbsfördernd und würde zudem Innovationen hemmen. Dennoch ist es wichtig, dass die Unternehmen sich zumindest auf ein Mindestmaß einigen und hier auch gemeinsam in den Dialog gehen sowie Erfahrungen austauschen. Dies wird z. B. im #ForumRezyklat und in den verschiedenen Fachpakten so auch schon praktiziert. Vor allem im Lebensmittelbereich muss allerdings beachtet werden, dass ein zu schnelles Handeln durchaus auch Gefahren bergen kann. Deshalb sollten im Interesse eines jeden Einzelnen Verpackungen erst dort in Bezug auf Rezyklierbarkeit geändert werden, wo es unproblematisch und einfach geht.

In welcher Form könnten aus Ihrer Sicht Standards (wie z. B. die aus der Konsumgüterwirtschaft bewährten GS1 Standards) zu einem funktionierenden Verpackungskreislauf beitragen?

Nicht nur die Politik fordert mehr Umweltschutz, auch der Endverbraucher erwartet, dass die Produkte eine immer bessere Umweltbilanz haben. Standards sind deshalb unglaublich wichtig geworden. Hierdurch kann gewährleistet werden, dass die Industrie zumindest dieses Mindestmaß einhält. Dies gibt auch dem Verbraucher ein sicheres Gefühl und erleichtert die Arbeit für den Handel ungemein.

Es braucht ein gemeinsames Verständnis davon, was Recyclingfähigkeit und Nachhaltigkeit sind. Ohne einheitliche Standards gibt es auch keine Vergleichsbasis.

Ernst Krottendorfer

Interview mit Ernst Krottendorfer

„Einblick in die Praxis enorm wichtig“

Warum ist es aus Ihrer Sicht so wichtig, dass es gemeinsame Empfehlungen für Circular Packaging Design gibt?

Um die vorgeschriebenen Recycling-Raten erreichen zu können, müssen in puncto Verpackungsdesign neue Strukturen geschaffen werden. Damit alle in der Supply Chain auch das Gleiche verstehen, ist es sehr wichtig, dass wir hier in Österreich einen gemeinsamen Standard haben. (Zum Vergleich: In Deutschland gibt es acht Sammelsysteme mit unterschiedlichen Bewertungskriterien und damit punkto Recyclingfähigkeit keine einheitliche Betrachtungsweise.)

Wie profitieren Sie als FH Campus Wien in Ihrer wissenschaftlichen Arbeit aus der Zusammenarbeit mit ECR Austria?

Für uns ist es enorm wichtig, Einblick in die Praxis zu haben und so die Erfahrungen und Probleme aus Handel und Industrie in unsere Arbeit miteinfließen lassen zu können.

Warum glauben Sie, dass die Schaffung einheitlicher Standards so wichtig ist? Und wo sehen Sie die größten Hürden dabei?

Es braucht unbedingt ein gemeinsames Verständnis davon, was Recyclingfähigkeit und Nachhaltigkeit sind. Ohne einheitliche Standards gibt es auch keine Vergleichsbasis.

Welche Rolle könnten aus Ihrer Sicht die aus der Konsumgüterbranche bewährten Identifikationsstandards von GS1 Austria dabei spielen?

Man sollte sich darauf einigen, in den Stammdaten auch einige Daten rund um die Verpackung mit aufzunehmen, sodass eine Transparenz entlang der gesamten Supply Chain möglich wird. Dadurch würde auch eine Bewertung einer Verpackung erleichtert werden, wie z. B. CO2-Fußabdruck oder Recyclingfähigkeit.

Was sind die nächsten geplanten Schritte der ECR Circular Packaging Initiative?

Im Vordergrund wird hier in nächster Zeit vor allem das Thema „Nachhaltigkeitsbewertung“ stehen, das noch weit über die Recyclingfähigkeit hinausgeht. Darüber hinaus starten wir im Herbst ein Schulungsprogramm für Handel und Industrie rund um Recyclingfähigkeit, Nachhaltigkeit und Sortierbarkeit von Verpackungen.

Wenn Sie an Datenströme in der Zukunft denken: Welche Verpackungsdaten sollten Ihrer Meinung nach bei jedem Produkt automatisch mitgeliefert werden?

Die Daten, die wir benötigen, um die Recyclingfähigkeit und eine Lebenszyklusanalyse berechnen zu können. Je mehr Daten, umso besser die Möglichkeit zur Optimierung.

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