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Round Table: 2D Codes im Handel

18. November 2024

Im Pharmabereich sind sie Standard. Im Handel, speziell im Lebensmittelhandel, noch Zukunftsmusik. Oder ist die Revolution durch 2D Codes doch schon näher als gedacht? Was gibt es schon, was braucht es noch? Was sind die größten Hürden? 

Diesen Fragen gingen REGAL und GS1 Austria bei einem Round Table nach.

Am 26. September 2024 trafen sich acht Branchenvertreter, um Potenziale, Hindernisse und Voraussetzungen für den Einsatz von 2D Codes im Lebensmittelhandel zu besprechen. Moderiert wurde die Runde von der REGAL-Redakteurin Verena Schneeweiß. 

 

Tipp

Über den Round Table zum Thema 2D Codes im Handel werden wir in gekürzter Form auch in der GS1 info 4.2024 berichten. 

Das E-Paper ist in Kürze online verfügbar.

2D Codes im Einsatz bei METRO Österreich

Verena Schneeweiß: Herr Sednik, Metro ist Vorreiter im Lebensmittelhandel bei der Verwendung von 2D Codes. Warum tut sich Metro diese Pionierrolle an?

Martin Sednik, METRO Österreich: Der GS1 DataMatrix ist der Gamechanger für die Zukunft, um gerade an der Kasse die Lesbarkeit, die Effizienz und die Wirtschaftlichkeit zu verbessern. Was wir vermeiden wollen, sind zu lange Wartezeiten an den Kassen. Wir wollen Kundenzufriedenheit. Der letzte Point of Contact zum Kunden ist die Kasse. Im nächsten Jahr starten wir zudem mit Self-Checkout-Kassen. Bis 2026 werden wir dann alle Märkte damit ausstatten.

Berichten Sie uns bitte etwas über die Hintergründe. 

Sednik: Wir setzen insbesondere in der Frische und Ultrafrische auf den 2D Code. 60 bis 70 Prozent der nicht lesbaren Barcodes befinden sich dort. Unser Team arbeitet seit Anfang des Jahres daran. Wir haben alle miteingebunden. 

Bernhard Höslinger, METRO Österreich: Der Hintergrund, warum wir uns mit dem Thema beschäftigen, kommt von der Rückverfolgbarkeit beim Fisch. GS1 Trace und bei Metro ProTrace wurden damals 2009 aufgebaut. Das Ziel war, Artikel- und Chargennummer an den Kunden heranzubringen. Wir sind damals auf GS1 DataMatrix umgestiegen und haben hier auch die Kassensysteme umgestellt. 

Über die Zusammenarbeit mit den Lieferanten

Wie schwer oder leicht war es, die Lieferanten ins Boot zu bekommen?

Sednik: Sie sind der wichtigste Part. Es gibt zwar ein Handbuch für Lieferanten mit den GS1 Standards, aber nicht immer werden diese auch so umgesetzt. Die Sorgfalt und Datenpflege haben Verbesserungsbedarf – es gibt Aufgeschlossenheit, etwa bei Steirerfleisch oder Berger Fleisch, hier funktioniert die Zusammenarbeit reibungslos und die Anzahl an Fehllesungen an der Kasse hat sich massiv verbessert. 

Andere Lieferanten ziehen hier hoffentlich auch noch nach und folgen den erfolgreichen Beispielen.

Können Sie bereits von ersten Erfolgen berichten?

Sednik: Seitdem wir begonnen haben, konnten wir die Fehlerquote stetig senken. Von 100 Prozent Transaktionen an der Kassa sind 98,3 Prozent okay. Aber wir arbeiten natürlich intensiv an den 1,7 Prozent, um uns auch in diesem Bereich zu verbessern, die 100% sind quasi zum Greifen nah.

Foto von Martin Sednik, Metro © GS1 Austria/Katharina Schiffl

Seitdem wir mit 2D Codes begonnen haben, konnten wir die Fehlerquote stetig senken. Die 100% sind quasi zum Greifen nah.

Martin Sednik, Senior Department Manager Master Data & Space Management, METRO Österreich

Mit welchen Mitteln wollen Sie die Lücke schließen?

Sednik: Wir haben eine Ass-Karte noch nicht gezogen. Wenn wir wirklich alle mitnehmen wollen, braucht es ein Pönalisierungssystem. Wir haben das beim Thema Liefertreue gesehen, wo wir ein Pönalisierungssystem eingesetzt haben. Das hat dann plötzlich gewirkt. Einen kleinen Prozentsatz wird man dennoch immer haben, der nicht mitzieht. 

Afschin Nourani, Bluetech Systems Barcodesysteme: Welche Lieferanten machen eher nicht mit, sind das lokale oder größere Unternehmen?

Sednik: Bei den Top 20 sind auch internationale dabei, auch unsere Eigenmarke ist teilweise betroffen. Uns fehlt hier vor allem die Kontinuität. Einmal wird 2D umgesetzt, dann wieder nicht. Oder die Druckqualität verschlechtert sich. Regionale Lieferanten sind die größte Herausforderungen.

Kurt Fetscher, Zebra Technologies: Ist das ein Projekt, das Metro international umsetzt?

Sednik: Nein, momentan nur Österreich. 

 
Die Zukunft des Strichcodes?

Alles über 2D Codes

Was genau ist ein 2D Code? Wofür kann man sie anwenden und wo kommen sie bereits in der Praxis erfolgreich zum Einsatz?

 

Wie haben die wichtigsten Informationen rund um die neuen Codes für Sie zusammengefasst!

 

 

Hardware-Voraussetzungen für 2D Codes

Ich nehme an, Sie hätten nichts dagegen, wenn sich auch andere dem Thema 2D Code anschließen würden. Wer kann 2D im Handel?

Fetscher: Ich als Hardware-Hersteller kann sagen, dass  lineare Strichcodes grundsätzlich immer noch allgegenwärtig sind. Was die Technologie betrifft, wurde aber im letzten Jahrzehnt bereits umgestellt. Heute kann man sagen, dass im Handel größtenteils 2D gang und gäbe ist. 

In der Logistik sieht das anders aus. Da sind die Geräte teilweise zehn oder mehr Jahre alt und können sicher noch nicht 2D Codes lesen. Aber die Frage ist: Was will ich an der Kassa lesen? Im 2D Code ist viel mehr enthalten als das, was ich an der Kassa brauche. 

Woher kommt das Gap aus technologischer Machbarkeit und fehlender Umsetzung in der Praxis?

Fetscher: Die Technologie ist da, sie kann enabled werden. Ob und wie sie im Prozess komplett verarbeitet werden kann, ist die größere Herausforderung. 

Foto von Kurt Fetscher, Zebra Technologies © GS1 Austria/Katharina Schiffl

Die Technologie ist da. Ob und wie sie im Prozess komplett verarbeitet werden kann, ist die größere Herausforderung. 

Kurt Fetscher, Senior Channel Account Manager, Zebra Technologies

Alexander Humer, Barcotec Austria: Ich sehe das ähnlich. Vor zehn Jahren war der 2D Code etwas für „Spezialisten“, er wurde beispielsweise in der Leiterplattenfertigung eingesetzt. Da war der Kunde noch bereit, einen Mehrwert zu zahlen für ein 2D-fähiges Lesegerät. 

Heutzutage ist es so, dass Hersteller teilweise gar nichts anderes mehr anbieten als 2D-fähige Lesegeräte und der Preisunterschied für den Kunden so gering ist, dass es gar kein Thema mehr ist. Ich sehe die größte Herausforderung beim Thema Standardisierung. Den EAN-13 kennt jeder. 

Wie ist der aktuelle Prozentsatz an verkauften Laser- versus imagebasierten Scannern?

Fetscher: Das ist schwierig zu sagen. So ein Handscanner hält lange, teilweise über zehn Jahre. Wenn ich nicht die akute Anforderung habe, etwa in Form eines Projektes, funktioniert ein 1D-Scanner genauso gut. Die Großen in Österreich verwenden alle 2D. 

Wenn das Kassensystem getauscht wird und zusätzlich Self-Checkout Kassen installiert werden, dann kommt 2D zum Zug.

Humer: Zum Selbstzweck macht es niemand. Aber wir empfehlen unseren Kunden durchgängig aus Investitionssicherheitsgründen 2D-Scanner. 

Voraussetzungen & Investitionen in 2D

Wie sieht das in der Praxis aus, was sind die Umrüstungsschritte und von welchem Investment sprechen wir hier?

Nourani: Ich habe ein Beispiel von einem Kunden, der gerade seine Etiketten von 200 auf 100 Millimeter reduziert hat. Bei einer Menge von 20 Millionen Etiketten, macht das schon etwas aus. Und um die Ersparnis kann man dann wiederum investieren. 

Meiner Meinung nach, kam der große Schub für 2D-Scanner, als long range herausgebracht wurden. Die Erfassbarkeit über die lange Distanz war ein wesentlicher Vorteil. 

Humer: Eine große Trendwende im Retail wurde mit dem Aufkommen des QR-Codes und den vielen Gutscheine, die es gibt, eingeläutet. Auch 2D Codes als Bon in Prospekten machen erforderlich, dass am POS zusätzlich mehrere Symbologien gelesen werden können. 

Fetscher: In Apotheken gibt es seit Jahren nur mehr 2D Codes. Man kann einen 2D Barcode heute auch in einem Sujet verbauen und integrieren. Das kommt sehr stark vom Marketing. 

 

Weitere erfolgreiche Use-Cases

Mehr über den Einsatz von 2D Codes im Österreichischen Gesundheitswesen und weitere nationale und internationale Anwendungsfälle lesen Sie hier:

2D Codes in der Praxis

 

Sehen Sie 2D Codes als Back-up für RFID-Anwendungen?

Fetscher: RFID als die eierlegende Wollmilchsau im Handel hatten wir schon vor 15 Jahren. Metro Deutschland hatte hier einen Pilot-Store. Es hat sich aber bis heute nicht durchgesetzt. Ein RFID-Tag auf jedem Kaugummi rechnet sich bei den Handelsspannen auch nicht. 

Wissenstransfer für den Einsatz von 2D Codes

Wir haben jetzt schon einiges von der technischen Seite gehört. Was braucht es noch?

Humer: Wissenstransfer mit den jeweiligen Herstellern. Wenn ich heutzutage beispielsweise Lebensmittel produziere, dann bin ich ein Experte dafür, aber nicht für Produktkennzeichnung oder GS1 Standards. Ich muss mir dieses Wissen erarbeiten. Das ist oft gar nicht so einfach und Basis unseres täglichen Geschäfts.

Foto von Alexander Humer, Barcotec Austria © GS1 Austria/Katharina Schiffl

Wenn ich heutzutage beispielsweise Lebensmittel produziere, dann bin ich ein Experte dafür, aber nicht für Produktkennzeichnung oder GS1 Standards. Ich muss mir dieses Wissen erarbeiten.

Alexander Humer, Geschäftsleitung, Barcotec Austria

Vorteile und Herausforderungen für Lieferanten

Was sind die Vorteile für den Lieferanten?

Nourani: Für den Lieferanten ist es viel Arbeit. Die meisten haben eine gewisse Angst, Umstellungen vorzunehmen. Das sehe ich auch bei unseren Kunden. Irgendwann wird es aber einfach die Notwendigkeit geben, diesen Schritt zu machen.

Höslinger: Wesentlich ist: Die technischen Anforderungen müssen durch die ganze Lieferkette berücksichtigt werden. Es ist fein, wenn es die Kasse am POS lesen kann, aber dazwischen gibt es noch Logistik und Lager. Da haben wir auch schon unsere Erfahrungen, dass die Ware hier zum Stillstand gekommen ist, weil nur 1D gelesen werden konnte. Man muss immer die ganze Kette mitdenken. 

Sednik: Der Lieferant kann sonst das Produkt nicht verkaufen. Ich glaube, wenn der Handel mehr Druck machen würde, hätten wir einen ganz anderen Hebel. Das gleiche gilt für die Entwaldungsverordnung. Wenn wir hier als Österreicher geballt auftreten würden, hätten wir mehr und schnelleren Durchsatz.

Nourani: Vielleicht können die Winzer hier etwas bewegen. 

2D Codes mit GS1 Digital Link

Das führt uns zum GS1 Digital Link. Denn ein Beispiel aus jüngster Zeit ist die EU-Nährwertdeklaration für Winzer:innen. Inwiefern kann hier der GS1 Digital Link Mehrwert schaffen? Und wo kann hier die Reise noch hingehen?

Alexander Peterlik: Wir merken in der Kommunikation mit den Winzern, dass das mit dem Digitalen sehr interessant ist, weil es erstmals ohne Zusatztext nur digital transportiert wird – und das Ganze ohne Kommerzialisierung gemacht werden muss. Der Solution Partner ist hier Bottlebooks. Im 2D Code ist ein GS1 Digital Link integriert, welcher auch die GTIN enthält. 

 

Weinkennzeichnung mit QR Code und GS1 Digital Link

Seit Dezember 2023 müssen Winzer die Nährwerte und Zutaten ihrer Produkte offenlegen. Das kann auch mit einem QR Code auf dem Etikett passieren. GS1 Austria hat in Zusammenarbeit mit zwei Kooperationspartnern eine praktikable Lösung entwickelt.

Mehr über die neue Weinkennzeichnung

 

Zukünftig kann hier auch die Kontrollnummer oder Charge hinterlegt werden, um noch genauer in der Rückverfolgbarkeit zu sein. Mit dem GS1 Digital Link gibt es eine Struktur und größere, aber auch kleinere, innovative Winzer, nutzen diesen. Das Grundthema ist: Welcher Standard und welche Info stehen drinnen? 

Beim Winzer gibt es zwei Strömungen: Jene, die sich nach GS1 Standards richten und andere, die irgendetwas hineinschreiben. Die große Herausforderung ist definitiv: Was brauche ich wo in der Kette?

Fetscher: Wir als Zebra und auch andere Hersteller arbeiten derzeit an der Implementation. Man wird sehen, wie es dann letztendlich gelöst wird. Entweder ich definiere es als eigenen Barcode-Standard und enable den GS1 Digital Link. Oder man schaut sich die Technologie an, scannt diese Felder durch und gibt die Infos weiter. 

Foto von Alexander Peterlik, GS1 Austria © GS1 Austria/Katharina Schiffl

Fest steht: In ein paar Jahren muss der POS 2D-fähig sein. 

Alexander Peterlik, Business Development Manager, GS1 Austria

Peterlik: Der GS1 Datenstandard, wie man ihn aus dem GS1-128 und dem GS1 DataBar kennt, oder der Digital Link – das sind rein technisch ganz andere Themen. Das eine ist eine Parsing-Geschichte, das andere ist eine URL. Spannend wird es, wenn ich GTIN und Charge brauche. 

Dass am POS über das Lesegerät Daten interpretiert werden müssen, war immer schon so. Aber einen Link zu lesen, ist wieder eine andere Thematik. Das wird eine Herausforderung für die nächsten Jahre in allen Branchen.

Höslinger: Das heißt aber dann auch, dass jede Kassa permanent online sein muss?

Peterlik: Das ist eine der spannenden Fragen, die wir uns alle stellen müssen…

2D Codes scannen

Fetscher: Eine der technologischen Herausforderungen ist, dass man an der Kasse nicht zwingendermaßen beide Codes lesen möchte, sondern nur die GTIN. 

Anton Pirkfellner, CSB-System Austria: Hier möchte ich einmal ein Wort für die Produzenten erheben. Wir haben bei Hütthaler versucht, alles über die Einlageetiketten abzubilden. Das Ergebnis sind viele verschiedene Codes, die teilweise für Verwirrung bei den Lesegeräten sorgen. Eigentlich hätte ja ein GS1 DataMatrix den großen Vorteil der Rückverfolgbarkeit. 

Höslinger: Lagerbestände wären zum Beispiel für den Einzelhandel interessant. Im Großhandel geht viel über Zustellung. Wenn ein MHD codiert ist und ein Kundensonderwunsch bezüglich Restlaufzeit, die er möchte, könnte man einiges an Arbeit ersparen. Abgeschossen werden die Artikel für die Picking List ja ohnehin. 

Pirkfellner: Warum ist es noch nicht soweit? Die Kassen können es. Auch auf den Kundenkarten ist ja beispielsweise ein QR-Code oben. Woran scheitert es dann?

Standards als Voraussetzung?

Humer: Die Herausforderung ist, dass der Standard dafür nicht definiert ist. Wir finden für Kunden und ihre jeweiligen Ausnahmen Lösungen. Es gäbe heutzutage auch den Standard des GS1 DataMatrix, da gibt es eine große Menge an Application Identifiern. 

In Wahrheit könnte ich mich leicht auf Artikelnummer, Chargennummer und Mindesthaltbarkeitsdatum einigen. Aber dann wird es Rufe nach Gewicht, Produktionsdatum oder sonstigem geben. Und dann fängt das Einfache an, wieder kompliziert zu werden. Hier müssten sich die Branchenvertreter dementsprechend einigen. 

Und wenn es gelebte Praxis ist, kann man auch die mobilen Geräte und die Software dahinter dementsprechend programmieren. 

Nourani: Vielleicht bräuchte es eine EU-Regelung dafür. Vielleicht macht es Sinn, dass man so alle ins Boot holt. 

Höslinger: Ich werfe hier wieder die Kette ein. Vom Freibad bis zum Tankstellenshop. Sie alle müssen ihre Scanner und Software umstellen. Wenn es unser Kunde an seiner Kasse nicht lesen kann, wird es problematisch.

Humer: Richtig, im Lebensmitteleinzelhandel hat man einen hohen Standard. Aber was ist mit anderen Betrieben, KMUs etwa? Die Frage ist auch, wie viel Macht hast du als Kunde dem Lieferanten gegenüber, um die Dinge so zu bekommen, wie du sie möchtest. 

Fetscher: Das ist auch der Grund, warum RFID bis heute nur sehr eingeschränkt verwendet wird. Es fehlt oft die durchgängige Lesbarkeit. Im Fashion Retail ist es State-of-the-Art. Der Vorteil ist, dass die Artikel schon bei der Produktion getagged werden können. Das ist kostengünstiger, als es im Nachhinein zu machen. Wir müssen sehr branchenselektiv sein, wo ich welche Technologie einsetze. 

Humer: Im Textilbereich waren die SCO-Kassen hier nochmals ein zusätzlicher Antrieb. 

Foto von Lucia Tomek, Metro © GS1 Austria/Katharina Schiffl

Wir sind nach wie vor mit nationalen EAN-13-Lösungen gefordert. Gerade auf Artikel der Frische und Ultrafrische, die wir aus anderen Ländern beziehen, ist dieser zwar abgebildet, allerdings funktioniert der Code in Österreich nicht. Hier müssen Lieferanten und eventuell deren Vorlieferanten sensibilisiert werden. 

Lucia Tomek, Specialist Master Data Management & Space Management, METRO Österreich

Lucia Tomek, METRO Österreich: Der Umstieg auf GTIN wäre sinnvoll, um ein Produkt weltweit vermarkten zu können. So muss bei uns hausintern nachetikettiert werden. Produzenten müssten besser abgeholt werden, um diesen Aufwand auch für sich selbst zu verbessern.

Vorteile von 2D Codes für die Logistik

Fetscher: Es beginnt ja auch in der Logistik einzuziehen. Wenn ein großer 2D Code auf der Palette klebt, kann ich viel einfacher durch einen Scan-Tunnel fahren und automatisiert die Ware lesen. Auch die Überverpackungen werden immer mehr mit 2D Codes ausgestattet.

Peterlik: Wir haben variable und fixe Daten, die in einem ungleichen Verhältnis zueinander stehen. Im klassischen LEH sind 80 bis 85 Prozent der Artikel fix, deshalb EAN-13 und der Preis und alles ist gut. Das Mehr an Informationen wird oft gar nicht gebraucht. 

Wenn ich in den Großhandel hineinschaue, ist das eine ganz andere Bandbreite und braucht deshalb andere Daten. Die technische Herausforderung: Wenn ich heute ein Lesegerät an der Kassa anstecke, dann liest es den Strichcode, interpretiert die Infos und zeigt mir den Preis an. Wenn ich möchte, dass eine Info in die Datenbank hüpft, muss rückwertig etwas anderes passieren. 

Natürlich gäbe es noch zahlreiche weitere Vorteile als die Preisauszeichnung: die Erfassung von Serien- und Chargennummern, Rechnungen speichern, Kundenkarten verknüpfen etc. Aber dazu ist die Branche noch nicht bereit. Wir haben das vor vielen Jahren schmerzhaft beim GS1 DataBar erlebt.

Fetscher: Ich gebe zu bedenken, dass das aber auch eine gewaltige Umstellung im Prozess wäre, wenn jede Produktverpackung individuell ausgezeichnet werden müsste. 

Foto von Anton Pirkfellner, CSB-System Austria © GS1 Austria/Katharina Schiffl

Der Hauptvorteil des „Würfel-Codes“ ist auf jeden Fall, dass er weniger Platz braucht.

Anton Pirkfellner, Branchenvertrieb Fleisch, CSB-System Austria

Humer: Die Umstiege in der Branche sind entweder dann passiert, wenn es eine Verordnung gab oder es einen massiven Mehrwert gab. Hier sind Arzneimittel ein gutes Beispiel. 

Braucht es eine Verordnung?

Humer: Zumindest die Einigkeit auf einen Standard würde das Ganze befeuern. Warum soll ich als Lieferant Geld in die Hand nehmen, wenn das noch unklar ist? Man möchte Investitionssicherheit als Unternehmer. 

Einsatzbereiche des GS1 DataMatrix

Wann würden Sie als Solution Provider eine GS1 DataMatrix empfehlen?

Humer: Es gibt technologische Gründe. Etwa, wenn wenig Platz am Produkt ist. Oder: Ich möchte einen intelligenten, sprechenden Code. Es muss ein Mehrwert für den Logistik- oder Einzelhandelsprozess vorhanden sein. Und, wenn es eine Verordnung gibt, dann ohnehin. 

Pirkfellner: Chargennummer und MHD brauche ich für meine Intralogistik ohnehin. Und im Fleisch-Bereich brauche ich auch die Rückverfolgbarkeit. Der Produzent hat ja ein Eigeninteresse. 

Sednik: Je kleiner das Produkt ist, desto interessanter wird ein kleiner Barcode. Dann bleibt wieder mehr Platz fürs Marketing. Das müsste eigentlich im Interesse der Kunden sein. 

Tomek: Die Kunden wollen möglichst wenig Zeit an der Kasse verbringen. Wenn das Glattstreichen des Etiketts wegfällt, ist das schon ein Vorteil. Viele Prozesse gehen schneller von statten – von der Warenannahme bis zur Kasse.

Sednik: Self-Checkout wird noch spannender. Wir machen ja 40 Prozent unseres Umsatzes mit Gastronomie-Kunden, denen man lange Wartezeiten nicht zumuten kann. Wenn beim Self-Checkout etwas nicht funktioniert, werden wir definitiv einen Response bekommen.

Chargengenaue Rückverfolgbarkeit mit 2D Codes

Kommen wir zu chargengenauer Rückverfolgbarkeit.

Höslinger: Wenn ich Chargenrückverfolgbarkeit habe, kann ich Kunden im Falle eines Rückrufs gezielt informieren und kontaktieren. Das ist kostengünstiger und effizienter.

Vor allem, wenn der 2D Code mehr in Richtung länger haltbare Warengruppen geht, wird es nochmals interessanter. Das sind Chargen, die ich über einen längeren Zeitraum im Regal liegen habe. Ich sehe die Vorteile außerdem bei Lagerführung, Kommissionierung, Inventur etc. 

Foto von Bernhard Höslinger, Metro © GS1 Austria/Katharina Schiffl

Wenn ich Chargenrückverfolgbarkeit habe, kann ich Kunden im Falle eines Rückrufs gezielt informieren und kontaktieren. Das ist kostengünstiger und effizienter. 

Bernhard Höslinger, Senior Department Manager Quality Assurance & Sustainability, METRO Österreich

Humer: Darf ich fragen, welcher Inhalt wird aktuell in den DataMatrix Code geschrieben?

Tomek: Das variiert, je nach Bereich. GTIN, MHD und die meisten geben auch eine Chargennummer an. Nach Möglichkeit wird der EAN-13 ersetzt. 

Ist der 2D Code für Sie mittlerweile eine Listungsvoraussetzung?

Sednik: Immer mehr, ja. Wir sind aber noch nicht ganz dort, wo wir hinwollen. 

Höslinger: Das ist aber auch warengruppenabhängig. Beim Frischfisch ist der Großteil international. Beim Lieferanten, der an der Nordsee sitzt, bin ich oft noch nicht bei einer 2D-Lösung. 

Wie viele der Produkte tragen bei Metro einen 2D Code?

Tomek: Ich denke, es sind 40 bis 50 Prozent im Fleisch-Bereich, die mit GS1 DataMatrix versehen sind. Manche haben rein die GS1 DataMatrix, wo der ganze Lieferant von GS1-128 umgestellt wurde. Es ist sehr erfreulich, dass Fehler damit deutlich reduziert wurden. Wieder andere bringen ihn zusätzlich an. 

Sednik: An der Anzahl der Lieferanten gemessen sind es immer noch sehr wenige. Wir wünschen uns eine größere Durchdringung, denn bei 48.000 Artikeln und etwa 1.000 Lieferanten kommt schon ein vermeidbarer Aufwand zusammen. 

Fazit: Pro, Contra und Perspektiven

Ich bitte Sie abschließend alle um ein Pro und Kontra des 2D Codes und wo geht die Reise hin?

Nourani: Die Reise begann schon vor 20 Jahren. 2D ist platzsparend und flexibel. Man kann viele Informationen hineinpacken. Wir werden uns in den nächsten Jahren mehr damit beschäftigen müssen. Ich bin ganz sicher, dass hier auch Auflagen auf uns zukommen werden.

Foto von Afschin Nourani, Bluetech Systems Barcodesysteme © GS1 Austria/Katharina Schiffl

2D ist platzsparend und flexibel. Man kann viele Informationen hineinpacken. Wir werden uns in den nächsten Jahren mehr damit beschäftigen müssen.

Afschin Nourani, Technischer Vertrieb, Bluetech Systems Barcodesysteme

Pirkfellner: Ich hätte gerne den „Würferl“-Barcode als Code, der alles kann.

Humer: Es ist ein weiterer Schritt in Richtung Digitalisierung. Wohin die Reise geht, werden die Branchenvertreter vorgeben. Wir als Systemlieferant werden uns entsprechend ausrichten und unsere Kunden unterstützen.

Fetscher: Technologisch ist 2D durchentwickelt und State-of-the-Art. Ein nächster Schritt wäre, diese Kameratechnologie auch zu nutzen, um Schrifterkennung zu machen. Es sind die Prozesse, Standards und Verordnungen, die fehlen.

Sednik: Nachteil sehe ich so gut wie keinen. Als Vorteile sehe ich Kundenzufriedenheit, Effizienz und Kostenersparnis auf der Handelsseite. Technologisch: Noch mehr aus dem GS1 DataMatrix rauszuholen.

Tomek: Die geringe Platzmenge, die benötigt wird. Aber auch die Fehlertoleranz des 2D Codes. 

Höslinger: Mehr Infos, leichter lesbar. Nachteil: Es müssen alle in der Kette umsetzen, damit es funktioniert. 

Peterlik: Das ist die große Herausforderung. Da sind wir alle gefordert. Und: Alle müssen nicht nur 2D-fähige Lesegeräte haben, sondern es müssen auch die Application Identifier der GS1 Standards breit genutzt werden können. Das größte Investment bedeutet es sicher für Logistiker und Automatisierer. 

Vielen Dank für den spannenden Austausch!

Alle Teilnehmenden des Round Table

An der Diskussion beteiligten sich sowohl Vertreter aus dem Handel als auch Experten rund um Barcode-Scanner und Standards. 

  • DI Bernhard Höslinger, Senior Department Manager Quality Assurance & Sustainability, METRO Österreich
  • Martin Sednik, Senior Department Manager Master Data & Space Management, METRO Österreich
  • Lucia Tomek, Specialist Master Data Management & Space Management, METRO Österreich
  • Anton Pirkfellner, MSc., Branchenvertrieb Fleisch, CSB-System Austria
  • Kurt Fetscher, Senior Channel Account Manager, Zebra Technologies
  • Alexander Humer, MSc, Geschäftsleitung, Barcotec Austria
  • Ing. Afschin Nourani, Technischer Vertrieb, Bluetech Systems Barcodesysteme
  • Alexander Peterlik, Business Development Manager, GS1 Austria

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