Weil 2D Codes weit mehr Informationen verschlüsseln als klassische Strichcodes, sollen sie nicht nur für den Handel sondern auch für Konsumenten zahlreiche Benefits bringen. Für die Umsetzung sind trotzdem noch Fragen offen.
Zum Beispiel: Wie sieht es mit den technischen Voraussetzungen aus? Wie gut sind Produzenten und Retailer auf die Umstellung vorbereitet?
Frank Debusmann ist bei REA Elektronik GmbH als Sales Director National für Kennzeichnungssysteme zuständig. Im CASH-Podcast spricht er mit Fachredakteur Karl Stiefel darüber, woran bestehende Systeme zur Kennzeichnung aktuell noch scheitern und welche Technologien jetzt gefragt sind.
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Eine Zusammenfassung des gesamten Interviews finden Sie im folgenden Artikel.
Barcode-Kennzeichnung heute und morgen
Spricht man über die Kennzeichnung von Produkten mit Strichcodes, ist die häufigste Variante allseits bekannt: Der eindimensionale Strichcode ist direkt ins Verpackungsdesign eingearbeitet und vorgedruckt. Schließlich geht es vor allem um das schnelle Scannen an der Supermarktkasse.
Sollen Artikel individuell, beispielsweise auf Serien- oder Chargenebene gekennzeichnet werden, ist eine andere Methode notwendig.
Für die Anbringung des Mindesthaltbarkeitsdatums oder der Chargennummer kommt aktuell die Continous Inkjet-Technologie zum Einsatz. Sie erzeugt eine „Pünktchenschrift“, deren Auflösung zwar für den Menschen lesbar ist, aber nicht für das Scannen durch eine Maschine ausreicht.
Experten-Tipp
Deshalb ist die Umstellung auf andere, hochauflösende Kennzeichnungssysteme, wie beispielsweise Thermal Inkjet, eine wesentliche Voraussetzung für die Zukunft mit 2D Codes.
Der Aufwand für die Umstellung der Kennzeichnung
Entsprechend der Einschätzung von Frank Debusmann können insbesondere Produzenten und Retailer mit einem gewissen Arbeitsaufwand für die Vorbereitung auf 2D rechnen.
Lohnt es sich für Produzenten?
Hersteller, die den Umstieg auf neue Drucksysteme gerne hinauszögern, sollten aus der Sicht des Experten berücksichtigen, dass die klassischen niedrig aufgelösten Drucksysteme wartungsintensiver als die neuen Technologien sind.
Die Kosteneinsparung belegt auch die Total-Cost-of-Ownership-Berechnung. Laut Debusmann können Produzenten von Tag 1 an Einsparungen erwarten – sowohl im Prozess als auch hinsichtlich der Kosten. Zusätzlich können sich Unternehmen sicher sein: Sie sind bereit, wenn der Tag X kommt und die Kennzeichnung mit 2D vom Handel gefordert wird.
Experten-Tipp
Der Aufwand lohnt sich also. Selbst wenn noch 2D Codes noch nicht verpflichtend gedruckt werden müssen, ist es eine Investition in die Zukunftssicherheit.
Die neue 2D-Kennzeichnung im Handel
Um als Retailer mit 2D Codes zu arbeiten, sind kamerabasierte Scanner notwendig. Kassen mit Laserscannern müssen also gegen bildgebende Systeme ausgetauscht werden, zusätzlich kann für die Verarbeitung neue Software notwendig sein.
Für Frank Debusmann gehören die Händler eindeutig zu den größten Profiteuren der neuen Kennzeichnung mit 2D Codes. Die kleinen quadratischen Barcodes helfen dabei, Prozesse im Geschäft und Lager zu vereinfachen und zu automatisieren, beispielsweise die Kontrolle des Mindeshaltbarkeitsdatums am POS.
2D Codes im österreichischen Handel
Weniger Platzbedarf und bessere Lesbarkeit auf beanspruchten Etiketten: Der C&C-Händler METRO Österreich nutzt genau diese Vorteile des GS1 DataMatrix erfolgreich auf Frische- und Ultrafrische-Produkten.
Die Voraussetzungen sind da – was bremst den Umstieg?
Aus der Sicht des Experten sind jetzt die Händler am Zug. Schließlich können sie Anforderungen stellen und Rahmenbedingungen für den Verkauf in ihren Filialen definieren, denen die gelieferte Ware der Produzenten entsprechen muss.
Der Retailer müsste den Startschuss geben, damit der Produzent mitzieht.
Frank Debusmann, Sales Director National für Kennzeichnungssysteme, REA Elektronik GmbH
Sobald der Handel den konkreten Nutzen der neuen Kennzeichnung erkennt und aktiv kommuniziert, sind erfahrungsgemäß auch die Produzenten bereit, nachzuziehen – etwa durch das Anbieten zusätzlicher Informationen über den 2D Code.
Als wichtiges Signal für den Startschuss sieht Frank Debusmann die klare Haltung der Retailer: Wenn der Wille zur Umstellung da ist, folgen die weiteren Schritte.
Experten-Tipp
Dass sich der Aufwand lohnt, zeigt das Know-how aus der Pharma-Branche. Dort hat sich deutlich gezeigt, dass die Möglichkeiten, die mit 2D Codes einhergehen, die Aufwände übersteigen.
Was FMCG von der Pharma-Branche lernen kann, hat Daniel Dangl von Austrian Medicines Verification System (AMVS) in einem früheren CASH-Podcast-Interview besprochen.
Zum Podcast „Von Pharmazie zu Lebensmitteln"
Kennzeichnung mit 2D Codes: Wo stehen wir heute?
Anhand von Beispielen wie IKEA oder EPAL beweist Frank Debusmann, dass die 2D-Kennzeichnung auch im Handel längst kein Zukunftsszenario mehr ist. Beide Unternehmen nutzen 2D Codes bereits erfolgreich – wenn auch in ganz unterschiedlichen Anwendungsfeldern.
IKEA: Der 2D Code als digitaler Fingerabdruck
Der Einrichtungskonzern IKEA hat den GS1 DataMatrix als Teil seiner Produktkennzeichnung implementiert.
Dabei geht es nicht nur um die reine Lesbarkeit an der Kasse, sondern um weit mehr: Durch die Serialisierung erhält jedes einzelne Produkt eine eindeutige Identität. Der 2D Code wird so zum „Fingerabdruck“ der Verpackung: Er ermöglicht die Rückverfolgbarkeit einzelner Artikel und bietet Raum für zusätzliche Informationen, etwa zu Herkunft oder Lagerbedingungen.
EPAL: Schutz vor Fälschungen mit serialisierten QR Codes
Ein weiteres spannendes Beispiel liefert die European Pallet Association (EPAL), die ihre Tauschpaletten mit serialisierten QR Codes kennzeichnet. Hintergrund ist der Schutz vor Produktfälschung:
Die sogenannte „Paletten-Mafia“ bringt gefälschte Ladehilfsmittel mit nachgebautem Logo und QR Code in Umlauf. Durch die Vergabe einzigartiger Codes erkennt das System sofort, wenn ein Code doppelt auftaucht – ein klarer Hinweis auf eine Fälschung. Der 2D Code wird hier also nicht nur zum Informationsträger, sondern auch zum wichtigen Instrument im Kampf gegen Produktpiraterie.
Wie geht es weiter?
Welche Potenziale eröffnen 2D Codes und welche Stolpersteine sollte man bei der Einführung berücksichtigen? Über diese und weitere Fragen hat sich GS1 Trace-Leiter Christian Lauer im Interview mit der Chefredakteurin des CASH-Handelsmagazins unterhalten.
Das Gespräch ist online zum Nachhören verfügbar:
Handling am POS: 1D- vs. 2D-Kennzeichnung
Was bedeutet die Einführung von 2D Codes konkret für die Prozesse an der Supermarktkasse?
Laut Frank Debusmann ist hier längst technologische Gleichwertigkeit erreicht – vorausgesetzt, es werden bildgebende Scanner eingesetzt. Sie ermöglichen beim Scannen von 2D Codes die gleiche Leserate wie bei klassischen 1D Barcodes.
Laserscanner, die aktuell noch in Kassensystemen im Einsatz sind, sind bei 1D Codes zwar minimal schneller, weil sie kein Bild erzeugen müssen, doch in puncto Effizienz wird der Unterschied durch moderne Technik zunehmend irrelevant.
Hier ist 2D im Vorteil
Ein klarer Vorteil von 2D Codes: Dank integrierter Fehlerkorrektur (Reed-Solomon-Verfahren) bleiben die Codes auch bei leichten Beschädigungen zuverlässig lesbar: Ein Prinzip, das man etwa von DVDs kennt. Damit sind 2D Codes deutlich robuster als herkömmliche Strichcodes und tragen zur Verlässlichkeit im Kassiervorgang bei.
Auch hinsichtlich der Qualitätssicherung gibt es „Entwarnung“: Die bestehenden Verifier- bzw. Barcode-Prüfsysteme behalten auch bei 2D Codes ihre Gültigkeit.
Fazit des Experten
Die Umstellung verändert also nichts an den etablierten Standards.
Im Gegenteil: Sie schafft neue Möglichkeiten, ohne Altbewährtes zu gefährden.
Schritt für Schritt: Umstellung auf Kennzeichnung mit 2D
Eine gute Nachricht schickt Frank Debusmann im Interview vorweg: Die Umstellung auf 2D ist machbar und „kein Hexenwerk“. Wer sich jetzt auf den Weg macht, kann nicht nur auf das erprobte Know-how anderer Branchen, sondern auch auf die Erfahrung unabhängiger Berater zurückgreifen.
Sowohl spezialisierte Unternehmen wie REA Elektronik können bei dem Projekt unterstützen, und ebenso neutrale Organisationen wie GS1. Dort erhalten Interessenten neben den notwendigen standardisierten Codes persönliche Unterstützung, beispielsweise hinsichtlich Druckqualität, den Anforderungen an die Verpackung oder die Abstimmung mit Kunden und Handelspartnern.
Dass diese Umstellung jedenfalls funktionieren kann, zeigt ein Blick auf die Pharmaindustrie: „Wir haben es in der pharmazeutischen Verpackungsindustrie in den letzten Jahren gut hingekriegt“, so Frank Debusmann, „dass ich relativ entspannt bin, wenn ich sage: Wir setzen das auch in der Lebensmittelindustrie problemlos um.“